Aus-Zeit in der Stadtbibliothek am Samstag, 15. Juni 2024

Es ist eine Binsenweisheit, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist – in der Liebe hält man sich aber nur selten daran. Innehalten ist aber immer eine gute Idee, zumindest, wenn man der aktuellen Achtsamkeitswelle Glauben schenken möchte.

Bevor sich das Team der Kneipenlesung in die Sommerpause verabschiedet, möchte es sein Publikum beim Innehalten unterstützen und sorgt mit Hilfe bierbegleitender Literatur für Tiefenentspannung – Lachmuskulatur wie üblich ausgenommen.

Am Samstag, den 15. Juni 2024 um 20:00 Uhr können die Yogamatten gerne zu Hause gelassen werden, für entsprechende Gemütlichkeit ist in der Stadtbibliothek gesorgt. Der Eintritt zur Lesung ist wie immer frei.

Weihnachtsspende 2023 an Westfälisches Kinderdorf e.V.

Zum sechzehnten Mal ging heute eure und unsere Weihnachtsspende an WeKiDo Westfälisches Kinderdorf e.V. Wir haben ca. 450 € gesammelt und noch einmal aufgestockt, so dass es diesmal wieder 700 € geworden sind. Vielen Dank an alle Spender und Sponsoren!

Danke nochmal für die Süßigkeiten an den Bären-Treff in Paderborn, der Euch die Lesung wieder versüßt hat, Danke an das Team vom überfüllten Café Röhren und natürlich ein großes Dankeschön an Euch! Wir wünschen Euch alles Gute für 2024!

Falls Ihr nicht dabei sein konntet und noch etwas spenden möchtet, hier sind die Spendenkonten von WeKiDo.

4zu1: Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig

Hallo liebe Hörende,

freut euch auf unsere achtunddreißigste Bücher-Zerreißprobe. „Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig“ von Christian Schulte-Loh. Warum es dieses Buch in unser „Vier zu Eins“ geschafft hat, wie wir es finden und ob es euch gefallen könnte, erfahrt ihr hier. Diesmal spoilern wir so ab der 15. Minute. Wenn ihr euch fragt, ob das Buch etwas für euch ist: Hört es euch an! Wir freuen uns, wenn es euch gefällt!

Kneipenlesung der Podcast am 17.12.2023
Kneipenlesung der Podcast am 17.12.2023

Hier unsere Links zum Podcast

  • „Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig“ von Christian Schulte-Loh bei Droemer Knaur.
  • Ein kurzes Interview mit Helene Bockhorst auf YouTube.

Die nächsten Bücher bei „vier zu eins“ findet ihr zum mitlesen hier.

Der Printenmann

„Gemüse aus der Marinade nehmen und mit dem Fleisch und den zerbröselten Printen in den Bräter legen.“ (aus einem Rezept für Aachener Sauerbraten)

Sie als Liebhaber texanischer Küche schätzen sicher den süßlich-bitteren Geschmack von gut gemachtem Chili con Carne. Den verleiht der Schokoladenonkel dem Fleisch seiner bedauernswerten Opfer üblicherweise mit der Zugabe 80prozentiger Bitterschokolade und einiger Tonkabohnen. Zur Adventszeit aber kommt selbstverständlich Traditionelles auf den Tisch, und eine weitere Komponente gesellt sich den eben erwähnten Zutaten, die auch heimischen Gerichten einen gewissen Pfiff geben können, hinzu. Dann wird der Schokoladenonkel zum Printenmann und feinen Nasen bietet sich in der eisigen Luft hinter den Bahngleisen, dort, wo er sein Zuhause hat, zuweilen ein Hauch schwerer Aromen rheinischen Sauerbratens.

Zweiter Advent. Der Abend ist gerade hereingebrochen. Friedliche Stille liegt über der Stadt und ihren ausgefransten Rändern. Dicke Schneeflocken fallen träge herab, verdecken die wenigen Spuren auf dem tief verschneiten Weg. Wenn später am Abend Schritte zu hören sein werden, so sind es hier draußen nur noch selten die heimkehrender Weihnachtsmarktbesucher. Die Rollläden der meisten Häuser sind schon seit längerer Zeit zugezogen. In den Vorgärten haben Astern und Fuchsien ihren Kampf gegen wuchernde Brennnesseln längst aufgegeben. Doch kurz hinter dem Bahnübergang, am Ende der Straße, dort, wo Gartenerde lehmigem Schotter und Stockrosen unverwüstlichen Goldruten und Brombeersträuchern gewichen sind, brennt in einer spärlich beheizten Stube noch schummriges Licht.

Peterchen –
Peterchen –
PETERCHEN!
Ja, Mutter.
Komm, geh mir eine schöne Printe holen. Vom Weihnachtsmarkt. Hier: hast Du genug Geld. Und komm direkt wieder zurück. Geh nicht zu den Mädchen, Peterchen, hast Du gehört?
Ja, Mutter.
Und vergiss die Wollmütze nicht. Und die Handschuhe.
Nein, Mutter, die Handschuhe, hihh!, die vergess ich gewiss nicht! ’s ist doch eine Eiseskälte da draußen.
Peterchen, versprich mir, dass ich morgen nicht wieder von einem verschwundenen Menschen in der Zeitung lesen muss.
Nein, Mutter. – Du sollst auch nicht so viel lesen, Mutter. Denk an Deine Makula. Du verdirbst Dir noch die Augen. – Ich gehe jetzt, Mutter.
Und versprich mir…
Eine schwere Tür fällt ins Schloss. Knarzend.
Endlich Ruhe!
Die Erinnerung an den süßlich-würzigen Geruch von Printen weckt in Peter ein Gefühl leichter Übelkeit, doch auch freudiger Erregtheit. Er wird wieder zwei große Printen kaufen. Und er wird nicht den direkten Weg vom Weihnachtsmarkt nach Hause nehmen.
Peter summt sein schauriges Lied:

Schneeflöckchen, Weißröckchen (Anonymus, mit einem Hauch Debussy und einer Prise Toch)

Tief in der Nacht wird man in einem Schuppen hinter dem Bahnübergang das feucht klatschende Geräusch einer sich mit Entbeintem füllenden Zinkwanne hören können. Anschließend, nachdem eine hinzugefügte kleingebrockte Printe sich vollgesogen hat, folgen noch 25 Lorbeerblätter, gleich viele Nelken, 40 Pimentkörner, 1 Packung Salz, 2 Tütchen Pfeffer, 20 Jalapeños, 3 Tafeln fein geraspelter 80prozentiger Bitterschokolade, eine Handvoll Tonkabohnen, keine Rosinen und schlussendlich 2 Liter Rübenkraut, 2,5 Liter Rotweinessig sowie 12 Liter Glühwein. Nun heißt es Warten, warten, warten.

Und morgen werden die Zeitungen wieder berichten.