Ich frage mich, welche Hotels eigentlich an den Gast denken? Außer naturgemäß, dass sie von mir nur das Beste, nämlich mein Geld, haben wollen. Viele Dienstleistungen der Hotels kommen mir eher wie ein Hürdenlauf vor, aber vielleicht wollen die auch nur meine geistige Wachheit testen.
Mein Zug hat Verspätung, trotzdem werde ich noch kurz im Hotel einchecken können, um meine Sachen ab- und das Notebook aufzuladen. Es hat Stromhunger, denn die Steckdose im Zug war nicht freigiebig.
Jetzt um die Mittagszeit ist die Lobby leer, meine Reservierung wird schnell gefunden und ich mit Magnetkarte, Pappkarte und Internet-Voucher bewaffnet Richtung Aufzug geschickt.
Am Zimmer angekommen ziehe ich die Magnetkarte durch, es rührt sich nichts. Ich prüfe Richtung, Zimmerschloss und die Karte. Etwas in die Jahre gekommen ist die schon. Nach dem vierten Versuch gebe ich auf und mache mich auf dem Weg zur Lobby.
Ein Hotelangestellter prüft, testet und begleitet mich zum Zimmer. Dort zieht er die alte Karte geschickt durch das Zimmerschloss, welches daraufhin entriegelt. Sagt zu mir: „Geht doch!“, schließt die Zimmertür, gibt mir indes eine funkelnagelneue Karte. Ich probiere die neue Karte, die geht auf Anhieb. Was wollte er mir denn damit zeigen? Dass geschulte Hotelangestellte auch mit ältestem Schrott eine Zimmertür aufbekommen?
Kopfschüttelnd betrete ich das Zimmer. Sonnenlicht blendet mir entgegen und das Zimmer ist erstaunlich warm. Der Hotelfernseher brüllt mich mit lauter Musik an. Ich suche die Fernbedienung und drücke den roten Aus-Knopf. Der Fernseher quittiert das mit „Falsche Eingabe, drücken Sie Menü“, ich drücke auf Menü, dort wird mir das Erotik-Film-Paket angeboten. Ich dachte, dafür wäre das kostenlose WLAN da.
Ich versuche über die Pfeiltasten der Fernbedienung auf „Nein“ zu navigieren, Cursor rechts war aber wohl die Auswahl des Erotik-Pakets. Ich soll zur Bestätigung meine Zimmernummer eingeben. Der Fernseher brüllt immer noch Bar-Jazz-Musik in unglaublicher Lautstärke. Ich beschließe der Einfachheit halber, dem Fernseher den Strom zu entziehen.
Mir ist warm, ich schalte die Klimaanlage ein, nehme meine Hemden aus dem Koffer, um sie dann auf die umständlichen Hotelkleiderbügel in den Schrank zu fummeln. Für das Notebook findet sich eine Steckdose am Schreibtisch. Jetzt aber sputen, mein Termin wartet nicht.
Da klopft es an der Tür, es ist der Page. Sie hätten an der Rezeption gesehen, dass der Fernseher nicht mehr im Hotelnetz ist. Ich erzähle mit knappen aber farbigen Worten, wie mich dieses Wunderwerk ausnahmslos genervt hat. Der Hotelangestellte erklärt, dass das Gerät wichtige Funktionen hätte und man es nicht vom Strom trennen dürfe. Ich sage beim Gehen, er dürfe machen, was er wolle, allerdings – wenn der Fernseher während meines Besuchs auch nur einen Ton von sich gäbe, wären wir keine Freunde mehr.
Abends zurück im Hotelzimmer liegt der Stecker des Fernsehers immer noch neben der Steckdose. War ihm wohl doch zu gefährlich, dieses Monster wieder zu erwecken. Im Zimmer ist es immer noch heiß und das Notebook ist nicht geladen, da Klimaanlage und Steckdosen über die Zimmerkarte nur wenige Minuten nach meinem Verlassen des Zimmers ausgeschaltet wurden.
So muss die Klimaanlage in die Nacht rein rattern und ich klemme mich an den Winzlingsschreibtisch in Reichweite zur Steckdose. Der Schreibtisch hat dankenswerterweise eine Glasplatte, damit die Maus auch garantiert nicht funktionieren kann. Aber dafür liegt hier eine Menükarte, die zum Mauspad wird. Alles gut.
Nach einer Nacht mit laufender Klimaanlage wache ich gerädert auf, duschen, anziehen, allerdings bis auf das weiße Hemd, das kommt nach dem Frühstück. Nicht, dass da ein Fleck draufkommt.
Vor dem Frühstücksraum wacht eine Dame, ob denn auch alle das Frühstück bezahlt haben. Ich nenne meine Zimmernummer, die Dame meint da wäre kein Frühstück gebucht. Ich bestätige, dass mein Tarif inklusive Frühstück ist. Die Dame ruft lautstark hinüber zur zehn Meter entfernten Lobby. Da dort jedoch viele Menschen mit dem Auschecken befasst sind, ist die Kommunikation sehr verzögert, laut und langwierig. Mir reicht es irgendwann und ich biete der Dame an, dass ich durchaus das Frühstück bezahlen würde, wenn sich herausstellen sollte, dass es nicht in meinem Tarif enthalten sei. Sie zeigt sich erstaunt und zeigt mir die Stelle auf ihrer Zimmerliste, auf der ich unterzeichnen soll.
Die Aktion hat mir mindestens zehn Minuten meines Zeitkontingents geklaut, schnell gefrühstückt, schnell aufs Zimmer, weißes Hemd anziehen und Zähneputzen. Mist! Falsche Reihenfolge, ich versaue mir das Hemd in aller Hektik mit Zahnpasta. Ok, dann eben ein sauberes Hemd weniger.
Beim Auschecken an der Rezeption erklärt man mir, man habe irgendwie keine Anzeige zur Nutzung der Minibar, da müsse die Verbindung zum Fernseher unterbrochen sein. Es müsse erst ein Mitarbeiter ins Zimmer geschickt werden, um die Minibar zu kontrollieren. Meine Hinweise, nichts aus der Minibar genommen zu haben und im Notfall hätte das Hotel ja meine Kreditkartendaten, nutzen nichts. Ich soll mich in der Schlange wieder hinten einreihen.
Als ich endlich wieder an der Reihe bin, bemängele ich die Rechnung, da sie zwei Frühstücke enthält. Die Rezeptionistin erklärt mir in scharfen Ton, dass ich nicht auf der Liste hätte unterzeichnen dürfen, da mein Tarif doch ein Frühstück enthalten hat. Nun hätte sie all die Arbeit mit der Rechnungskorrektur. Ich deute auf die Dame vor dem Frühstücksraum und zeige mich zunehmend verzweifelt.
Ich bin froh, nun endlich auf dem Weg zu sein. Diese amerikanische Hotelkette rutscht in meiner persönlichen Hotel-Favoritenliste einige Plätze nach unten.
Als ich einige Tage später eine unerklärliche Abbuchung von 20 Euro auf meiner Kreditkarte finde, die sich später als zweites Frühstück herausstellt, ist es mit der Freundschaft vorbei. Lieber ein paar Kilometer außerhalb als dieses Desaster. Und eure „With compliments“-Karte mit handgeschriebenem Gästenamen auf dem Bett könnt ihr Euch sonst-wohin …abheften.
Von Werner in der Reihe „Heiter scheitern„.