Schlagwort-Archive: Weihnachten

Der Printenmann

„Gemüse aus der Marinade nehmen und mit dem Fleisch und den zerbröselten Printen in den Bräter legen.“ (aus einem Rezept für Aachener Sauerbraten)

Sie als Liebhaber texanischer Küche schätzen sicher den süßlich-bitteren Geschmack von gut gemachtem Chili con Carne. Den verleiht der Schokoladenonkel dem Fleisch seiner bedauernswerten Opfer üblicherweise mit der Zugabe 80prozentiger Bitterschokolade und einiger Tonkabohnen. Zur Adventszeit aber kommt selbstverständlich Traditionelles auf den Tisch, und eine weitere Komponente gesellt sich den eben erwähnten Zutaten, die auch heimischen Gerichten einen gewissen Pfiff geben können, hinzu. Dann wird der Schokoladenonkel zum Printenmann und feinen Nasen bietet sich in der eisigen Luft hinter den Bahngleisen, dort, wo er sein Zuhause hat, zuweilen ein Hauch schwerer Aromen rheinischen Sauerbratens.

Zweiter Advent. Der Abend ist gerade hereingebrochen. Friedliche Stille liegt über der Stadt und ihren ausgefransten Rändern. Dicke Schneeflocken fallen träge herab, verdecken die wenigen Spuren auf dem tief verschneiten Weg. Wenn später am Abend Schritte zu hören sein werden, so sind es hier draußen nur noch selten die heimkehrender Weihnachtsmarktbesucher. Die Rollläden der meisten Häuser sind schon seit längerer Zeit zugezogen. In den Vorgärten haben Astern und Fuchsien ihren Kampf gegen wuchernde Brennnesseln längst aufgegeben. Doch kurz hinter dem Bahnübergang, am Ende der Straße, dort, wo Gartenerde lehmigem Schotter und Stockrosen unverwüstlichen Goldruten und Brombeersträuchern gewichen sind, brennt in einer spärlich beheizten Stube noch schummriges Licht.

Peterchen –
Peterchen –
PETERCHEN!
Ja, Mutter.
Komm, geh mir eine schöne Printe holen. Vom Weihnachtsmarkt. Hier: hast Du genug Geld. Und komm direkt wieder zurück. Geh nicht zu den Mädchen, Peterchen, hast Du gehört?
Ja, Mutter.
Und vergiss die Wollmütze nicht. Und die Handschuhe.
Nein, Mutter, die Handschuhe, hihh!, die vergess ich gewiss nicht! ’s ist doch eine Eiseskälte da draußen.
Peterchen, versprich mir, dass ich morgen nicht wieder von einem verschwundenen Menschen in der Zeitung lesen muss.
Nein, Mutter. – Du sollst auch nicht so viel lesen, Mutter. Denk an Deine Makula. Du verdirbst Dir noch die Augen. – Ich gehe jetzt, Mutter.
Und versprich mir…
Eine schwere Tür fällt ins Schloss. Knarzend.
Endlich Ruhe!
Die Erinnerung an den süßlich-würzigen Geruch von Printen weckt in Peter ein Gefühl leichter Übelkeit, doch auch freudiger Erregtheit. Er wird wieder zwei große Printen kaufen. Und er wird nicht den direkten Weg vom Weihnachtsmarkt nach Hause nehmen.
Peter summt sein schauriges Lied:

Schneeflöckchen, Weißröckchen (Anonymus, mit einem Hauch Debussy und einer Prise Toch)

Tief in der Nacht wird man in einem Schuppen hinter dem Bahnübergang das feucht klatschende Geräusch einer sich mit Entbeintem füllenden Zinkwanne hören können. Anschließend, nachdem eine hinzugefügte kleingebrockte Printe sich vollgesogen hat, folgen noch 25 Lorbeerblätter, gleich viele Nelken, 40 Pimentkörner, 1 Packung Salz, 2 Tütchen Pfeffer, 20 Jalapeños, 3 Tafeln fein geraspelter 80prozentiger Bitterschokolade, eine Handvoll Tonkabohnen, keine Rosinen und schlussendlich 2 Liter Rübenkraut, 2,5 Liter Rotweinessig sowie 12 Liter Glühwein. Nun heißt es Warten, warten, warten.

Und morgen werden die Zeitungen wieder berichten.

Bücher-Geschenke Podcast 2023

Hallo liebe Hörende,

Wir haben gesehen, dass unsere alten Geschenke-Podcasts wieder Saison haben. Das hat uns auf die Idee gebracht, dieses Jahr kurzfristig und unangekündigt einen Buchgeschenk-Podcast zu machen. Wir hoffen, dass euch das eine oder andere Buch als Geschenk oder als Geschenk für euch selbst gefällt. Das ist schließlich immer die schönste Vorfreude auf Weihnachten.

Kneipenlesung der Podcast am 3.12.2023
Kneipenlesung der Podcast am 3.12.2023

Hier unsere Links zum Podcast

Die nächsten Bücher bei „vier zu eins“ findet ihr zum mitlesen hier.

Der Weihnachtsmarktflaneur

Was denn: Achim kann plötzlich Klavier? – Öhm… naja.
Und das hier soll das, wie es heißt,
bekannteste Weihnachtslied der Welt sein? Klar!
Gut, zugegeben, vielleicht nicht in dieser Version
und mit diesem Titel.

Wie man auf https://www.youtube.com/channel/UCYBWiHuGadjUCQ2pGibm-7Q hören kann, wird von Januar bis November anders flaniert.
Aber in der Vorweihnachtszeit gerne auch mal als
„Der Weihnachtsmarktflaneur“:

Findet jedenfalls Achim.

Bäumchen wechsel Dich im Café Röhren am Samstag, 18. Dezember 2021

Wir wechseln nicht, das sag ich schon mal. Wie jedes Jahr dürfen bei uns Weihnachtshasser:innen und -liebende auf ihre Kosten kommen. Ob unser Baum sich wechselt, schauen wir mal. Vielleicht dekorieren wir dieses Jahr mal um und setzen dem ein Krönchen auf.
Bei Omma gab es ja früher immer zwei Sets, etwa silberne und rote Kugeln für den Wechsel in geraden und ungeraden Jahren. Jahre später wurde daraus eine rot-silberne Deko, weil einfach zu viele Kugeln zerdeppert waren. Früher waren die Kugeln ja noch aus Glas, die Kerzen waren echt aus Wachs und Weihnachten immer ganz harmonisch, immer. Selbst, wenn man den Löscheimer umgerissen hatte und Omma das Aufwischen orchestrierte.
Apropos Orchester, wir machen natürlich wieder ganz viel Weihnachtsmusik, Weihnachtsgummizeugs und weiteres Zeug eben, also Lese-Zeug haben wir mit. Ihr braucht nur gute Laune und wenn ihr die nicht habt, lesen wir euch gute Laune. Am 18. Dezember im Café Röhren ab 19:00 Uhr ist Einlass und los geht es ab 20:00 Uhr. Kommt pünktlich, es gibt keine Reservierungen.

Frohe Weihnachten allerseits!

Was Johann Sebastian Bach Mitte Februar 1734 geritten haben mag: Man weiß es heute nicht mehr. Vielleicht trieben ihn größere Geldnöte. Aber dem osmanischen Sultan Mahmud I. ein Zuckerfest-Oratorium anzudienen, war eine ausgesprochene Schnapsidee, die er schlicht in der Pfeife rauchen konnte. Denn als seine Noten Ende März (Gregorianischer Kalender) 1146 (Islamischer Kalender) in Istanbul ankamen, war das Fastenbrechen längst vorbei.

Immerhin aber bekam Bach schon Mitte Juno 1734 tatsächlich eine Art Antwort aus Istanbul: Ein Paket, in dem sich nicht nur seine Noten retour, sondern – leider kommentarlos – auch eine Wasserpfeife und eine kleine Dose mit Mu’assal, einer recht feuchten und klebrigen tabakartigen Masse, befand. Und Bach verstand dies, obwohl ihm der Verwendungszweck beider Gegenstände völlig schleierhaft war, kaum erwartbar, aber wohl vorgesehenermaßen als Wink mit dem Zaunpfahl beziehungsweise abschlägigen Bescheid.

Glücklicherweise hatte Bach so noch mehr als genügend Zeit, sein Werk in die uns geläufigeren Dur- und Moll-Tonarten umzuschreiben und sich einen anderen Text aus allen möglichen Fingern zu saugen. Sein Leipziger Thomanerhaufen hat das Zuckerfest-Oratorium dann auch ganz artig und ohne von all dem auch nur zu ahnen als Weihnachtsoratorium aufgeführt.

Hier nun drei Single-Auskopplungen aus Johann Sebastian Bachs Zuckerfest-Oratorium:

  1. Jauchzet, frohlocket, auf, preiset das Neulicht
  2. Es begab sich aber zu der Zeit
  3. Ach mein herzlieber Mahomet

Mehr Musik von Achim bei JAS-PB YouTube.